Musikverein Harmonie Balzhofen e.V.

 

Der Balzhofener Maibaum: Für den Musikverein das Ende einer Ära

Im Mai 2013 endete in Balzhofen eine kleine Ära. Zum letzten Mal wurde der Maibaum unter der Regie und Verantwortung des Musikvereins gestellt. Ab 2014 wird sich die "Dorfgemeinschaft Balzhofen e. V." um die Fortführung dieser etwa dreißig Jahre alten Balzhofener Tradition kümmern.

Die Anfänge des Balzhofener Maibaums reichen zurück in das Jahr 1982. Engagierte Jugendliche aus dem Balzhofener "Jugendraum", einem in der Ortsmitte gelegenen und bis heute existenten Jugendzentrums, ergriffen die Initiative. Auf dem Platz vor der Sankt-Anna-Kapelle wurde per Muskelkraft der erste Maibaum aufgestellt. Er hatte noch keine Girlande aber bereits einen aus Reisig gebunden Kranz und trug ein rundes Schild mit dem Balzhofener Wappen und der Aufschrift "Jugendraum Balzhofen". Eine Aufwertung erfuhr der Baum wenig später durch die Girlande, die damals in unserer Gegend noch keineswegs selbstverständlich sondern eine Besonderheit war. Das Binden der Girlande übernahm jahrelang Anna Meier, die dadurch einen erheblichen Anteil an der optischen Weiterentwicklung des Balzhofener Maibaums hatte.

Anfangs war es üblich,  am Kranz Laugenbrezeln zu befestigen. Im Laufe der Jahre ging man dazu über, den Baum mit bunten Bändern zu schmücken. Weiteren Schmuck erhielt der Baum durch die Anbringung der Zunftschilder, die die in Balzhofen ansässigen Gewerbebetriebe repräsentieren. Zunächst als ringförmige Konstruktion entworfen, wurde im Laufe der Jahre aufgrund des Gewerbezuwachses eine Wappenanordnung der Schilder gewählt, die später noch einmal auf die heutige Form erweitert wurde.

Ende der 80-er Jahre bestanden die am Maibaum-Projekt beteiligten Jugendlichen mehrheitlich aus jungen Musikerinnen und Musikern. Das Jugendraumschild wurde deshalb durch eines mit der Aufschrift "Jungmusiker Balzhofen" ersetzt. Dessen ungeachtet blieb das Maibaumstellen aber weiterhin über alle Vereinsgrenzen hinweg ein Gemeinschaftsprojekt. Bald war vom "Maibaum-Team" die Rede, womit der harte Kern der Gruppe gemeint war. Äußerer Ausdruck dieses Wir-Gefühls war ein gemeinsames grünes Polo-Shirt, in dem sich die Gruppe am 1. Mai per Drahtesel auf den umliegenden Festen blicken ließ. Als erster "Maibaum-Chef" unter den Jungmusikern nahm Roland Haunß die Zügel in die Hand. Würdige Nachfolger fand er in Michael Hönig und Michael Markolf. Alle drei waren mehrere Jahre federführend am Balzhofener Maibaumprojekt beteiligt. Unter ihrer Leitung wurden die Maibäume fast jährlich größer und schöner. Teilweise kratzten die Maibäume knapp an der 30-Meter-Marke. Auch das Binden von Kranz und Girlande übernahmen die Jugendlichen inzwischen selbst. Als i-Tüpfelchen erhielt der Baum schließlich einen Strahler, um das Prachtstück nachts ins rechte Licht zu setzen. Mit zunehmender Größe der Bäume wurde aber auch mehr Wert auf Sicherheit gelegt. So wurden in Eigenregie neue Stangen zum Aufstellen angefertigt, ein ausgeklügeltes Langholz-Transportsystem erdacht und ein neuer Schacht aus Stahlbeton zur sicheren Aufnahme des Maibaums gegossen. Mit dem Eintritt des Musikvereins in das Maibaumprojekt war nun auch erstmals eine haftungsrechtliche Basis für eventuelle Versicherungsfragen gegeben. Dies war besonders wichtig, da man das Aufrichten mit Muskelkraft gewissermaßen als eine Frage der Ehre betrachtete und maschinelle Unterstützung verpönt war.

 

 

Bis Anfang der 90-er Jahre wurden die Maibäume noch im Balzhofener Riedwald ausgesucht und auf kürzestem Wege zum Schmücken in den Tabakschuppen gebracht. Als die Douglasien im Riedwald zu groß wurden, fand man in der Weitenunger Witstung ein Waldstück, das für viele Jahre prächtige Maibäume liefern sollte. Bereitwillige und fachkundige Unterstützung fand das Maibaumteam stets beim zuständigen Revierförster Eduard Lienhart und dessen Nachfolger Johannes Bohn. Inzwischen ist auch das Reservoir in der Witstung erschöpft und die Maibäume müssen relativ aufwändig vom Eisentaler Wald nach Balzhofen transportiert werden. Den Tabakschuppen, der jahrzehntelang als Maibaumwerkstatt diente, gibt es inzwischen nicht mehr. Stattdessen wird der Maibaum nun in der neuen Vereinslagerhalle geschmückt.

Nachdem der Maibaum mit vereinten Kräften aufgerichtet wurde, fand beim Maibaumchef stets ein Maibaumfest statt, bei dem die Helfer mit einem deftigen Vesper und Getränken bewirtet wurden. Angeblich soll bei dieser Gelegenheit so mancher Streich in der Mainacht ausgeheckt worden sein. Beispielsweise die fünf übereinander gestapelten Pritschenwagen, die am 1. Mai 1992 vor der Sankt-Anna-Kapelle standen. Gerüchteweise handelte es sich hierbei um das Werk einiger Jungmusiker, was aber selbstverständlich nie bewiesen werden konnte.

Wir vom Musikverein "Harmonie" Balzhofen freuen uns, dass wir dieses Kapitel der Balzhofener Dorfgeschichte viele Jahre begleiten konnten. Glücklicherweise sind bisher alle Maibäume unfallfrei gefällt, aufgerichtet und wieder umgelegt worden. Dies und die gleiche tolle Unterstützung durch die Balzhofener Einwohner und Vereine wünschen wir nun der "Balzhofener Dorfgemeinschaft e. V."

 

 

 

Bernd Lienhart